aus Worten werden Taten
Die Landtagsfraktion in Baden-Württemberg der AfD versuchte nach der Rede, den Worten Taten folgen zu lassen. Inwieweit es einen realen Zusammenhang zwischen der Rede Höckes und dem Vorgehen der AfD-Fraktion bezüglich Gedenkstättenfahrten gibt, sei dahin gestellt. Tatsache ist, dass nach der Brandrede man Gelder für Gedenktätten und Gedenkstättenfahrten kürzen wollte, ganz im Sinne der von Höcke geforderten Wende um 180° in der Erinnerungspolitik.
Im Haushaltsplan des Landtags Baden-Württembergs forderte die AfD, die Gelder für die Gedenkstätte Gurs komplett zu streichen:
Quelle: Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Finanzen Staatshaushaltsplan 2017, Einzelplan 04: Ministerium für Kultus, Jugend und Sport, 16. Wahlperiode, ausgegeben am 6. 2. 2017, S. 90.
Zur Erläuterung: Die AfD-Fraktion wollte die Zuschüsse für die Gedenkstätte Gurs in Frankreich vollständig streichen. Für Baden-Württemberg hat diese Gedenkstätte eine besondere Bedeutung. Nur vier Monate nach der vollständigen Kapitulation Frankreichs wurde die gesamte (sic!) jüdische Bevölkerung aus Baden-Württemberg und der Pfalz in das Lager deportiert. Diese Deportationen müssen zu diesem Zeitpunkt im Kontext des Versuchs der Realisierung des sg. "Madagaskar-Plans" gesehen werden. Das NS-Regime versuchte tatsächlich, zu diesem Zeitpunkt Europa "judenfrei" zu machen, in dem es eine territoriale Lösung favorisierte. Adolf Eichmann machte sich in Paris zu sachkundig bezüglich der Insel Madagskar, die eine französische Kolonie war, derer man habhaft werden konnte nach der Kapitulation. Die Verwirklichung scheiterte an der Seemacht Großbritanniens. Die Juden blieben im Lager. Nach der Entscheidung für den systematischen (physischen) Mord sind die Opfer in Auschwitz und in Sobibor ermordet worden. Diese Gedenkstätte stellt ein wichtiges Scharnier dar auf dem Weg zur Radikalisierung zum Mord an den europäischen Juden.
Im Bericht heißt es kurz:
In diesem Haushalt solle zudem eine Neuetatisierung der Gedenkstätte im französischen Gurs stattfinden. 0,12 Millionen € seien sicherlich kein übermäßig hoher Betrag. Hiermit könne jedoch ein wichtiger Beitrag zur Demokratieerziehung geleistet werden.
Quelle: Ebd., S. 10.
Die Abgeordenten kannten den Sachverhalt und die Bedeutung der Gedenkstätte, dies geht aus dem Protokoll eindeutig hervor, dies zeigt die Reaktion auf eine Anmerkung der CDU-Fraktion im Rahmen der Haushatsdebatte:
Ein Abgeordneter der Fraktion der AfD erwidert, dies sei seiner Fraktion selbst verständlich bewusst. Sie wolle den Antrag aber nicht überdenken.
Quelle: Ebd., S. 16.
Obiger Antrag war allerdings nicht der einzige mit revisionistischer Stoßrichtung:
Quelle: Ebd., S. 91.
Es ist bemerkenswert, die die AfD hier die Flüchtlinge ausnutzt, um die Durchsetzung eines positiven Geschichtsbildes zu erzwingen bzw. ihr Geschichtsbild zu begründen.
Über die Anträge ist im Protokoll folgendes zu lesen:
Insofern sei sie [die Berichterstatterin, T. B.] sehr erstaunt über die Anträge der AfD. Sie habe den Eindruck, als versuche die AfD, eine ideologische Geschichtsschreibung durchzusetzen, wenn sie wolle, dass die Gedenkstätten umbenannt würden bzw. die Gräber nicht mehr gepflegt oder von den Schülerinnen und Schülern nicht mehr besucht werden sollten. Damit würden auch die nationalsozialistischen Verbrechen ausgeblendet. Die Anträge, die die AfD in diesem Zusammenhang stelle, sprächen Bände und passten zu dem, was aktuell von anderen AfD-Vertretern in Deutschland zu hören sei.
Quelle: Ebd., S. 17, Hervorhebung von mir.
Wie aus dem Antrag vom 17. 1. 2017 hervorgeht, wollte man hier exakt das Geschichtsbild der Rede Höckes am gleichen Tag bedienen und in die Tat umsetzen. Es fällt schwer, hier keinen Zusammenhang zu sehen und nur an Zufall zu denken aufgrund der zeitlichen Nähe.