J. Maier, der Vorredner Höckes: Hinwendung zum sg. "Schuldkult"
Einer der Vorredner Höckes war Jens Maier. Er kandidiert im Wahlkreis Dresden I als Direktkandidat für die AfD. Er arbeitet als Richter, er hat u. U. gegen den §39 des Richtergesetzes verstoßen. §39 Richtergesetz lautet: "Der Richter hat sich innerhalb und außerhalb seines Amtes, auch bei politischer Betätigung, so zu verhalten, daß das Vertrauen in seine Unabhängigkeit nicht gefährdet wird." Aufgrund seiner öffentlichen Aktivitäten könnte der Richter von Angeklagten wegen Befangenheit abgelehnt werden, zumindest in Deliktbereichen, die einen politischen Hintergrund haben oder aber wenn Ausländer auf der Anklagebank sitzen.
Da die Veranstaltung vollständig im Netz zu finden ist, liegt auch hier der Wortlaut vor, Link zuletzt eingesehen am 26- Januar 2017
00:59:52 Zunächst bedankt er sich bei den Organisatoren, verweist auf Björn Höcke, den er später noch über allen Klee loben wird und erwähnt das Urteil des Bundesverfassungerichts über das vom Bundesrat beantragte Verbot der NPD.
Also, erst einmal Guten Abend. Es ist für mich erst einmal eine große Ehre, dass ich hier überhaupt dabei sein darf. Ich bedanke mich vor allen Dingen bei der Jungen Alternative für Deutschland, dass ich hier und heute (unverständlich) Das ist eine riesen Leistung, dass Ihr das heute organisiert habt und dass das bisher auch ganz gut geklappt hat. Ich hoffe, dass das auch weiter so funktioniert. Natürlich ist es auch für mich eine große Ehre, wenn hier jetzt irgendwann, nehme ich mal an, im Laufe des Abends auch neben Björn Höcke sitzen zu dürfen, der ja wirklich als aufrechter Patriot viel, viel für Deutschland getan hat. Ich möchte aus gegebenem Anlass ein paar Bemerkungen zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts von heute machen. Die NPD ist ja nun nicht verboten worden, welch Wunder. Ich nehme an, dass viele von den Kameraden jetzt am Feiern sind. Das war für Juristen nicht anders zu erwarten und damit ist die NPD die einzige Partei in Deutschland, die von sich sagen kann: staatlich geprüft und im Ergebnis für tragbar befunden.
"Staatlich geprüft und für tragbar befunden" ist eine vollkommen unzulässige Verkürzung. Richtig ist, dass die AfD nicht verboten wurde. Die Titulierung"tragbar" von J. Maier suggeriert aber eine Verfassungskonformität. Das Gericht hat aber sehr deutlich gemacht, dass es sich um eine verfassungsfeindliche Partei handelt. So heißt es schon im Leitsatz:
"9. a) Die Antragsgegnerin strebt nach ihren Zielen und dem Verhalten ihrer Anhänger die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung an. Sie zielt auf eine Ersetzung der bestehenden Verfassungsordnung durch einen an der ethnischen „Volksgemeinschaft“ ausgerichteten autoritären „Nationalstaat“. Dieses politische Konzept missachtet die Menschenwürde aller, die der ethnischen Volksgemeinschaft nicht angehören, und ist mit dem grundgesetzlichen Demokratieprinzip unvereinbar.
b) Die Antragsgegnerin arbeitet planvoll und qualifiziert auf die Erreichung ihrer gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Ziele hin.
c) Es fehlt jedoch an konkreten Anhaltspunkten von Gewicht, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass dieses Handeln zum Erfolg führt."
Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Januar 2017, - 2 BvB 1/13 -, Leitsatz 9
Ausschlaggebend ist c). Denn aufgrund mangelnden Wahlerfolgs, geringen Mitgliederzahlen usw. fehlen der Partei die Ressourcen, um den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden oder die freiheitlich-demokratische Grundordnung maßgeblich zu gefährden.
Aber jetzt machen wir Ernst. Wer, frage ich Euch, hat denn die NPD wirklich marginalisiert? Das waren doch nicht die Linken, die Grünen, das Bundesverfassungsgericht oder der Verfassungsschutz, der diese Partei ja noch gemästet hat, mit finanziellen Zuwendungen an V-Leute. Keiner von Euch. Ich sage Euch – wir waren das von der AfD, denn wir sind diejenigen, die den Patrioten in diesem Land eine echte Heimat bieten können. Viele haben die NPD deshalb gewählt, weil dies die einzige Partei war, die immer entschlossen zu Deutschland gestanden hat. Aber diese Partei hatte auch immer etwas an sich, was als unangenehm empfunden wurde: ihre Rückwärtsgewandtheit, ihr Bemühen, die Kriegsgeneration zu rehabilitieren. Für den politischen Gegner war es leicht, dieses Bemühen um eine gerechte Bewertung der Vergangenheit als Verherrlichung des Dritten Reiches umzuinterpretieren.
Der letzte Satz des obigen Abschnitts bedeutet konkret, dass die NPD sich zu dumm angestellt habe, die Vergangenheit positiv zu bewerten.
Und ehrlich, es gab ja auch viele bei denen, die in der Nazi-Nostalgie schwelgten. Diese Partei war und ist nicht zukunftsfähig. Nun sind wir da. Wir sind die neue Rechte.
Höcke wird später noch genauer darlegen, was die AfD als "Ersatz" für die NPD bietet.
Ich bin jetzt 54 Jahre alt. Als ich geboren wurde, war der Zweite Weltkrieg schon 17 Jahre vorbei. Für Euch von der JA, die Ihr diese Veranstaltung organisiert habt, liegt das Ganze noch viel weiter zurück. Wir schauen in die Zukunft und sind stolz auf das, was nach dem Zweiten Weltkrieg aufgebaut wurde. Im Jahr 1945 sah es in vielen Städten Afrikas besser aus als damals in Deutschland – aber was machen die aus ihren Möglichkeiten? Und was ist seitdem in Deutschland entstanden?
Viele Länder waren Kolonien, die erst nach dem 1. Weltkrieg in die Unabhängigkeit entlassen worden sind. Somit fehlte und fehlt teilweise noch heute die administrative Infrastruktur. Darüber hinaus wurde Deutschland, genauer Westdeutschland, durch sehr umfangreiche Hilfe der westlichen Alliierten, insbesondere durch die USA, zunächst aufgebaut. Wie Deutschland zunächst ohne diese Hilfe aussah, ließe sich an der DDR zumindest teilweise exemplifizieren. Der entwicklungspolitische Rückstand Afrikas und die Gegenmittel sind keineswegs gleichzusetzen mit Nachkriegsdeutschland. Denn in vielen Ländern Afrikas tobten und toben Bürgerkriege, die den einzelnen Staaten Entwicklungschancen nahmen und weiterhin nehmen. Außerdem vernachlässigt er Fluchtursachen in anderen Ländern. Aber Maier scheint das Beispiel "Afrika" nur heraus gegriffen zu haben, um einen afrikanischen Freiheitskämpfer zu instrumentalisieren:
Wo wir gerade in Afrika sind: In den 70er Jahren gab es in Südafrika eine Bewegung, die sich Black Consessionists nannte. Einer der Wortführer damals war Steve Biko, der 1977 an den Folgen von Misshandlungen, die er im Gefängnis erhalten hatte, verstarb. Sein Credo, dass Credo der Black Concessionists-Bewegung war: Lasst Euch nicht einreden, dass Ihr nichts wert seid, und vor allen Dingen verhaltet Euch nicht so, dass man glauben könnte, Ihr seid nichts wert. Er wurde später zu denen, die sich um eine gewaltfreie Befreiung von dem Apartheid-Regime verdient gemacht haben.
Natürlich hat er keine Skrupel, dies auf Deutschland zu übertragen:
Jetzt werden sich manche fragen: Ja, was hat das mit Deutschland zu tun? In gewisser Weise sind wir doch nach dem Zweiten Weltkrieg in eine ähnliche Lage gebracht worden. Uns wurde doch immer eingeredet, vor allen Dingen von den Westalliierten, dass wir Sauhunde, Verbrecher wären, dass wir nichts wert sind. Diese ganze gegen uns gerichtete Propaganda und Umerziehung, die uns einreden wollte, dass Auschwitz praktisch die Folge der deutschen Geschichte wäre. Luther – wir haben jetzt das Luther-Jahr - wurde als Antisemit dargestellt, der sozusagen ein Baustein in der Kausalkette war, die dann irgendwann in Auschwitz geendet ist. Deutschland, das Land der Verbrecher. Diese ganze Umerziehung führt doch dazu, dass diese Schreihälse da draußen stehen, die dann skandieren: “Nie wieder Deutschland!”, oder dass sich Frauen auf den nackten Körper schreiben lassen: “Bomber Harris do it again.”. Das sind doch die Früchte dieser Umerziehung.
Hier bedient Maier einen typischen rechtsextremes Topos, die These der Kollektivschuld. Leider belegt auch er dies nicht an Quellen. Wer der Westalliierten hat dies in dieser Massivität jemals unterstellt und wann? In den Entnazifizierungsverfahren, die ja bekanntermaßen viele als "Nicht belastet" frei gesprochen haben, wurde immer (!) individuelle Schuld geprüft, niemand wurde verurteilt, nur weil er Mitglied war in einer NS-Organisation. Allerdings scheint Maier auch die sg. "Umerziehung" in die Gegenwart zu legen. Denn zugegebenermaßen polemisch protestierende Jugendliche, die Maier der Antifa zuordnet, sollen ein Ergebnis dieser Umerziehung sein. Allerdings sollte man sich fragen, warum es so wenige Jugendliche und auch ältere gibt, die auf diese Weise protestieren, wenn die "Umerziehung" so erfolgreich verlief?
Da müssen wir heraus kommen. Wir müssen uns, wie damals auch diese Black Concessionists-Bewegung, selbst aufrichten. Das Mittel hierzu ist der deutsche Patriotismus. Und ich muss sagen: Ich erkläre hiermit diesen Schuldkult für beendet, für endgültig beendet.
Das Mittel der Wahl für Maier, aus dem postulierten Ergebnis der Umerziehung zu kommen, sei der Patriotismus. Dieser Patriotismus ist allerdings ein negativer Patriotismus, er ist in alter Manier sehr völkisch orientiert:
Und wenn wir das geschafft haben, dann sind wir auch wieder in der Lage, unser Land zu verteidigen, weil wir es für wertvoll halten. Dieser Hass gegen das Eigene muss endlich aufhören, dann erscheint uns das Aufgehen Deutschlands in einer EU, in einem EU-Bundesstaat, als Verwaltungsbezirk für völlig inakzeptabel. So etwas wollen wir nicht.
Es gibt keinen Hass gegen das Eigene. Zumal Maier hier noch nicht sagt, aus was das "Eigene" besteht. Es geht jedenfalls weit über die eigene Administration und Bürokratie, also dem staatlichen Verwaltungsapparat, hinaus:
Die ganze Entwicklung, die jetzt gerade stattfindet, die Herstellung von Mischvölkern, um die nationalen Identitäten auszulöschen, und damit die Abgabe der Souveränität an die EU – das ist einfach nicht zu ertragen
Diese Kausalität muss man auf sich wirken lassen. Es werden Mischvölker hergestellt, die die nationale Identität aufgeben, um die Abgabe nationaler Souveränität an die EU zu ermöglichen.
und mündet in dem, was Sarrazin einmal geschrieben hat: Deutschland schafft sich ab. Das wollen wir nicht. Und wenn wir zu neuer Stärke finden, dann schützen wir wieder unsere Grenzen, dann verteidigen wir auch in der gewohnten Härte unsere rechtsstaatliche Ordnung wieder und ein Fall Amri würde sich dann nicht mehr wiederholen. Und dann schicken wir endlich diejenigen Politiker, zum Beispiel Gauck und Merkel, endlich in den Ruhestand.
Das Ergebnis ist das ein neu interpretierter Thilo Sarrazin, dass Deutschland sich abgeschafft habe. Maier plädiert für völlige Abschottung, nutzt dafür das Attentat Amris zur Veranschaulichung. Erstens ist Amri vor der sg. "Grenzöffnung" eingereist, zweitens ist er nach dem Attentat über angeblich sichere im Sinn von geschlossenen Grenzen nach Frankreich eingereist, schließlich nach Italien. Mit anderen Worten: Grenzen lassen sich nicht vollständig schließen, allenfalls man baut Mauern. Denn was soll jemandem abhalten, über eine Wiese die Landesgrenzen zu überqueren?
Wir haben jetzt in diesem Jahr die Chance, in den Bundestag einzutreten. Und wir werden auch aus der Opposition heraus dieses Land verändern. Und dazu beitragen, dass Deutschland zu innerer Stärke zurückfindet. Ja, dann wird der Satz “Wir schaffen das.” eine ganz andere Bedeutung haben. Dann werden wir nämlich auch in den nächsten Jahren ganz, ganz anders reagieren, dann werden wir nämlich stehen und das aufhalten.
Maier nährt die Hoffnung, dass mit der AfD alles in ihrem Sinn besser wird, ohne allerdings genau auszuführen, wie dies geschehen soll. Inwiefern soll anders reagiert werden?
Was nun folgt, ist ein großes Loblied an Höcke, der angeblichen neuen Hoffnung:
Und jetzt möchte ich auch zu Herrn Höcke ein paar Worte verlieren, vielleicht auch zu der Bedeutung, die Björn Höcke für mich persönlich hat, obwohl er mich gar nicht kennt. Gesehen habe ich ihn am zweiten Kyffhäusertreffen jetzt im vergangenen Sommer und da wurden so Sachen verkauft. Ich hatte mir da so einen Einkaufsbeutel gekauft mit dem Bild von Björn Höcke da drauf. Manche kennen ihn vielleicht. Kurz vor Weihnachten war ich bei Edeka mit diesem Beutel einkaufen. Da fragte mich die Kassiererin an der Kasse: “Wer ist das denn? Das ist doch gar nicht Che Guevara.” Da habe ich gesagt: “Ne, Frau Drogisch, da haben Sie Recht, das ist nicht Che Guevara, das ist Björn Höcke.” Und da sagte sie zu mir: “Ja, Björn Höcke – wer ist das denn? Den kenne ich gar nicht”. Da sagte ich zu ihr: “Björn Höcke – wissen Sie, wer das ist? Dieser Mann ist meine Hoffnung.” Und ich glaube, dass ich für die Patrioten in diesem Raum sprechen kann: Björn Höcke, Sie sind unsere Hoffnung!
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Maier hier zwei wesentliche Dinge aussagt:
Erstens sieht er die AfD als Ersatz für die NPD.
Zweitens vor allem erklärt er einen angeblichen Schuldkult für beendet, und bereitet so den Boden für Höckes Rede, in der u. a. das Denkmal für die ermordeten Juden Europas als "Schande" bezeichnet wurde.