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Hitlers Weg zur Macht

 

 Hitlers Weg zur Macht

Der Aufstieg der NSDAP ist eng verbunden mit der Weltwirtschaftkrise. Dies darf aber nicht dahingehend mißverstanden werden, daß die kaum beeinflußbare Krise letztlich allein verantwortlich war für die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933, somit die NS-Diktatur eine unvermeidbare Krisenerscheinung darstellt. Im Rahmen des einstündigen Vortrags ist es nicht möglich, auf alle Aspekte ausführlich einzugehen, es wird aber deutlich werden, daß man Hitler die Macht übertragen hatte, daß auch andere Alternativen denkbar gewesen wären. Der Weg in eine Diktatur war vermeidbar gewesen. Allerdings ist dieser Weg nur nachvollziehbar, wenn man die Vorgeschichte hierzu betrachtet.

Von vornherein war die Weimarer Republik belastet durch die Folgen des Versailler Vertrags und vor allem dadurch, daß demokratische Ideale nur wenig in der Bevölkerung (nicht nur in den politischen Akteuren) verankert waren. Hieraus resultierte die geringe Bereitschaft, Krisenmanagment über die eigenen Parteigrenzen hinaus zu betreiben, Kompromisse einzugehen, die notwendig gewesen wären, den Weg in die NS-Diktatur zu vermeiden.

Die Landtagswahlen in Thüringen 1929 boten bereits einen Vorgeschmack auf 1933. Mit sechs von 53 Mandaten im Landtag vertreten, war die NSDAP das Zünglein an der Waage, wenn es darum gehen soll, eine gegen die Kommunisten gerichtete Koalition zu bilden. 
Hitler entschied sich für die Übernahme der Regierungsverantwortung. Er forderte für seine Partei die seiner Meinung nach wichtigsten Ministerien (das des Innern und das der Volksbildung), letzteres um Volksbildung im Sinn nationalsozialistischer Ideologie zu betreiben.

Hitler äußerte sich folgendermaßen: "Wer diese beiden Ministerien besitzt und rücksichtslos und beharrlich seine Macht in ihnen ausnützt, kann Außerordentliches bewirken."

Um seinen Forderungen Nachdruck zu verleihen, drohte Hitler mit der Herbeiführung von Neuwahlen. An der Regierung beteiligt war bereits Frick, der 1933 Innenminister wurde.

Die Politik scheiterte. Die SPD stellte bereits ein Jahr später einen Misstrauensantrag, der von den Koalitionspartnern der NSDAP unterstützt wurde. Hieraus hatte man 1933 dann die falsche Taktik abgeleitet, daß man die Nationalsozialisten an der Regierung beteiligen müßte, um ihre Unfähigkeit und ihren Extremismus unter Beweis zu stellen.

Art. 48 WRV
Bevor ich mich nun der Reichsebene zuwende, möchte ich Sie vertraut machen mit dem Artikel 48 der Weimarer Verfassung und mit dem Begriff "Präsidialkabinett", da dies für das weitere Verständnis unumgänglich ist.

Im Vergleich zur Gegenwart hatte der Präsident des Deutschen Reiches eine ungleich höhere politische Macht und höheren Einfluss. Dieser wurde ihm gegeben durch den Art. 48 WRV.

Der Reichspräsident konnte nicht nur Minister und den Reichskanzler entlassen, sondern auch über Notverordnungen direkt Gesetze erlassen. Diese konnten allerdings durch eine Mehrheit im Reichstag wieder außer Kraft gesetzt werden.

Artikel 25 WRV wiederum erlaubte den Reichspräsidenten die Auflösung des Reichstages.
Die Auflösung der Weimarer Republik begann am 27. März 1930 mit Auflösung des Kabinetts unter dem Kanzler Heinrich Müller (SPD). Das Kabinett war Ergebnis der Reichstagswahlen 1928. Allerdings war es nicht besonders fest. Nur die SPD und die Deutschen Demokraten wollten von vornherein eine große Koalition, obwohl der Wählerwille eindeutig war. Nach langen und zähen Verhandlungen und vor allem durch die Intervention Gustav Stresemanns wurde eine große Koaltion ins Leben gerufen, an der SPD, Zentrum, DDP und DVP beteiligt waren. Als Kanzler wurde Hermann Müller favorisiert, ein altes Mitglied der SPD, der allerdings nicht gerade für seine Kreativität bekannt war, eine Eigenschaft, die gerade in Krisensituationen verlangt wird. Außerdem erklärten alle vier Parteien, sich nicht ans Kabinett gebunden zu fühlen.

Bereits 1929 wollte General von Schleicher die Große Koalition auflösen und schlug Hindenburg vor, eine von den Fraktionen unabhängige Regierung zu bilden. Hindenburg selbst war im Laufe der Zeit immer mehr der Meinung, daß die zähen Entschlußbildungen des Reichstags kontraproduktiv seien. Inwieweit sie aber Hindenburgs eigene Meinung darstellt, kann nicht eindeutig belegt werden, immerhin war er bereits alt und senil. Brüning über Hindenburg 1929: "Hindenburg sah erschreckend alt aus, die Müdigkeit und die Unbeholfenheit erschreckten mich." Bereits im Juli 1930 hatte Hindenburg den inzwischen zum Kanzler ernannten Brüning und einen seiner Minister auf einem Treffen nicht erkannt. Kurt von Schleicher selbst war mit 18 Jahren Mitglied im Regiment Hindenburgs, was seinen Zugang zu ihm sicherlich erleichterte.

Allerdings war die Auflösung der Regierung Müller nicht Ergebnis der Senilität Hindenburgs und der Vorschläge Schleichers, sondern waren vielmehr hausgemacht, auch wenn es zu den Legenden der Republik gehörte, Opfer einer Intrige zu sein.
Der Haushalt des Deutschen Reiches mußte dringend saniert werden, gleichzeitig stiegen die Ausgaben der Reichsanstalt für Arbeitslosenvermittlung durch die wirtschaftliche Krise enorm.

Generell gibt es in solchen Situationen zwei Möglichkeiten: Anhebung der Abgaben oder Kürzung der individuellen Leistungen. Die Wirtschaft favorisierte letzteres zur Vermeidung höherer Abgaben. Der Arbeitsminister trat für eine gemäßigte Erhöhung der Abgaben ein.

Die Verhandlungen waren lang und zogen sich über Monate hin, angesichts einer Arbeitslosenzahl von 2,8 Millionen im Januar 1930 untragbar, zumal diese stark anwuchs.
Die Volkspartei hielt am bisherigen Beitragssatz von 3, 5% fest, die SPD verlangte eine Erhöhung auf 4%. Brüning, Vorsitzender der Fraktion des Zentrums und Experte für Finanzfragen, arbeitete einen Kompromiß aus:
Eine Erhöhung wurde für die Zukunft in Aussicht gestellt. Die Parteien einigten sich auf diesen Entwurf, inklusive die Mehrheit der Kabinettsmitglieder der SPD. Sie plädierten in der Fraktion für diesen Entwurf. Allerdings stellte sich der Arbeitsminister dem entgegen ebenso wie einige Gewerkschaftsvertreter. In der Abstimmung siegte der linke Flügel und stimmte gegen den vorgelegten Kompromiß.

Kanzler Müller hatte dabei bis zuletzt für die Koalition votiert, er beugte sich allerdings der Fraktionsmehrheit. Ein Kompromiß kam nicht zu stande, Müller reichte bei Hindenburg seinen Rücktritt ein.

Soweit zunächst der Gang der Ereignisse. Welche anderen Chancen hätten bestanden?
Die SPD hätte, ähnlich wie die DVP (die von Industriellen unterstützt wurde und zunächst einen Abbau der Sozialleistungen verlangte), ihre Verantwortung erkennen müssen. 
Müller hätte seiner Partei den Rücken kehren können und es auf einer parlamentarischen Abstimmung und einer Debatte im Reichstag ankommen lassen können. 
Statt dessen ging er den leichtesten Weg. In der Frankfurter Zeitung vom 28. März 1930 war folgendes zu lesen:
"Diese Schuld einer wirklich unerlaubt großen Einsichtslosigkeit hat gestern die Mehrheit der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion auf sich geladen. [...] so bleibt unabweisbar daß gerade darum die sozialdemokratische Fraktion dem gestern gefundenen Kompromiß hätte zustimmen müssen, um Größeres, Wichtigeres zu bewahren... Die Sozialdemokratie hat mit der Sprengung der Koalition gestern das Spiel ihrer Gegner gespielt."

Kurt von Schleicher favorisierte Brüning als Kanzler. Grund hierfür war einerseits die Tatsache, daß das Zentrum als einzige Partei über eine gewisse Stabilität verfügte, vor allem aber war Brüning autoritär eingestellt und war Frontoffizier im ersten Weltkrieg gewesen. Natürlich war ihm der Versailler Vertrag mit seinen Reparationen ein Dorn im Auge. Außerdem war er, was Finanzfragen angeht, tatsächlich ein Experte gewesen. 
Innerhalb von nur zwei Tagen stellte Brüning sein Kabinett vor, ohne daß die Fraktionen des Reichstages irgend einen Einfluß hierauf nehmen konnten. Das neue Kabinett war im Prinzip eine Mitte-Rechts-Regierung.

Am 1. April 1930 erklärte der neue Kanzler Brüning, daß Kabinett sein an keine Koalition gebunden entsprechend dem Auftrag des Reichspräsidenten, die politische Zusammensetzung des Reichstags sei nicht völlig unberücksichtigt geblieben. Die bezeichnete Brüning als letzten Versuch, "die Lösung mit diesem Reichstag durchzuführen". Die Regierung scheue "angesichts der ernsten Lage nicht vor außergewöhnlichen Mitteln zurück", sie sei "gewillt und in der Lage, alle verfassungsmäßigen Mittel hierfür einzusetzen."

Es wurde mit dem Artikel 48 WRV gedroht, vom Parlament abgelehnte Gesetzesvorlagen durch Verordnung des Präsidenten Rechtskraft zu verleihen. Die SPD warf der neuen Regierung sofort einen Verfassungsbruch vor.

Schon seit 1928 war bereits eine gewisse Sehnsucht zu verspüren nach einem fähigen Politiker, der hart durchgreift und die Politik führen kann. Harte Indizien hierfür sind dabei keineswegs der Zulauf radikaler Parteien (auch die KPD zelebrierte um Ernst Thälmann einen Führerkult), sondern Aussagen der Republik Verpflichteter: Der liberale Ernst Müller-Meinigen und eindeutiger Anhänger der Republik kritisierte den Parteienstaat scharf ebenso wie bereits Gustav Stresemann 1928: "Wir müssen verlangen, daß der Parteigeist seine Grenze findet an den Lebensnotwendigkeiten der deutschen Entwicklung, daß das Parlament den Zwang nicht zur formalen, sondern zur tatsächlichen Mehrheitsbildung in sich findet, oder, wenn das an den Parteien selbst in dieser Situation scheitert, ... verantwortungsbewußte Persönlichkeiten den Mut finden, zu regieren, das heißt, die Führung zu übernehmen."

Am 1. April 1930 konstatierte die Deutsche Allgemeine Zeitung "Eine tiefe Sehnsucht nach Leitung und Autorität geht durch das Volk... Es muß endlich gut regiert, es muß endlich überhaupt regiert werden."

Der Eklat und die Auflösung des Reichstages ließ nicht lange auf sich warten, am 16. Juli 1930 war es soweit. Die Wirtschaftslage hatte sich weiterhin verschlechtert, eine Deckungsvorlage zum Staatshaushalt mußte abgestimmt werden. Die Geduld der SPD war erschöpft, sie wollte die deutlichen Steuererhöhungen, gepaart mit Leistungseinschränkungen für Arbeitslose, nicht zustimmen.

Zusammen mit den Kommunisten und den nur zwölf Abgeordneten der NSDAP und Mitgliedern der DNVP wurde der Haushalt abgelehnt. Noch am gleichen Abend wurde sie vom Reichspräsidenten unterschrieben und in Kraft gesetzt.

Die SPD warf der Regierung Verfassungsbruch vor, da der Artikel 48 dazu da sei, Zitat Rudolf Breitscheid, "um unter Umständen dem Staat zu helfen und den Staat zu schützen, nicht aber um einer einzelnen Regierung aus ihrer Verlegenheit zu helfen, die die Mehrheit nicht findet, die sie sich selbst vorgestellt hat."

Bereits zwei Tage später hob der Reichstag diese Verordnung auf auf Antrag der SPD, aufgrund dessen wiederum löste der Reichspräsident den Reichstag auf. Die Notverordnungen wurden erneut in Kraft gesetzt, ein Parlament, das dagegen hätte vorgehen können gab, es nicht mehr. Die Exekutive wurde nicht mehr kontrolliert.

Brüning strebte an, wie aus seinem Memoiren hervorgeht, seine Koalition nach Rechts zu erweitern, mit Hilfe der DNVP durch ein Ermächtigungsgesetz die Monarchie wieder einzuführen: "Stets betrachtete ich mich als Treuhänder des Reichspräsidenten; ihn wollte ich als Staatsoberhaupt erhalten mit dem Ziel, die friedliche Einführung der Monarchie zu ermöglichen. Das war der Angelpunkt meiner ganzen Politik." Die Krone sollte dabei mit Zustimmung zu jeweils zwei Dritteln des Reichstages und Reichsrates auf einen der Hohenzollern-Söhne übertragen werden. Hiervon erfuhr die Öffentlichkeit natürlich nichts. Brüning scheint einen Stimmzuwachs für die NSDAP dabei einkalkuliert zu haben (Ian Kershaw)

Die Auflösung des Reichstages hatte Neuwahlen zur Folge.

Die NSDAP nutzte die Chance und führte einen bisher beispiellosen Wahlkampf. Schon im Mai 1930, also vor der Auflösung des Reichstags, schrieb die Dortmunder Zeitung, daß die NSDAP in die entlegensten Dörfer gehe und täglich in bis zu 100 Veranstaltungen für sich Werbung macht.

Hauptthema der nationalsozialistischen Agitation war der Zerfall Deutschlands in einen "Haufen von Interessenten." Antisemitimus war kaum ein Thema. In den letzten vier Wochen der Reichstagswahl plante die NSDAP ca. 34.000 Versammlungen, die Zuhörerzahlen waren enorm: Mindestens 16.000 am 10. September 1930 im Berliner Sportpalast, 20.000-30.000 in der Breslauer Jahrhunderthalle, weitere 5000 hörten Hitlers Rede draußen mit Lautsprechern. Die NSDAP war die einzige Partei, die Eintrittsgelder verlangte, eine Mark pro Person. Hieran verdiente die Partei entsprechend. Die These, daß die NSDAP sich durch Parteispenden finanzierte, ist falsch. Es gab Industrielle wie Fritz Thyssen, der durch Parteispenden auffiel, das Gros der Gelder aber hatte die Partei selbst erwirtschaftet.

Das Wahlergebnis dann war schockierend: Die NSDAP konnte ihren Stimmenanteil steigern von 2,6 auf 18, 3%, die KPD von 10, 6 auf 13, 1%. Schließt man noch rechte Splitterparteien mit ein, betrachtet man den Rückgang der SPD von 29 auf 24 %, dann war der Anteil demokratisch gesinnter Parteien deutlich gesunken. An der Zusammensetzung des Parlaments wird dies am ehesten deutlich:

Antidemokratische Parteien (NSDAP mit 107 Sitzen zweitgrößte Fraktion, KPD und DNVP) besaßen 255 von 577 Reichstagsmandaten. Zweidrittelmehrheiten für Brünings Ermächtigungsgesetz oder für verfassungsändernde Gesetze waren unmöglich zu finden.
Die Verhältnisse im Reichstag ließen nur eines zu: Neuauflage einer Großen Koalition.

Otto Braun (SPD), Ministerpräsident in Preußen, forderte eine Koalition der Vernünftigen, ohne dies jedoch mit der SPD abgesprochen zu haben. Selbst die Führung der Reichswehr riet Brüning, sich mit der SPD zu arrangieren, nachdem die Devisenbestände in Deutschland sich schlagartig leerten, weil französische Kredite kurzfristig gekündigt wurden als Reaktion auf das Wahlergebnis.

Die Koalition kam nicht zu stande, diesmal war es die kleine, aber notwendige Wirtschaftspartei, die sich weigerte, mit der SPD zusammen zu arbeiten ebenso wie die SPD, die Brünings Methoden als ebenso faschistisch bezeichntete wie die der NSDAP selbst, so der linke Reichstagsabgeordnete Seydewitz.

Die SPD tolerierte eine Minderheitsregierung Brünings, weil Otto Braun die SPD aus eigenem Interesse heraus auf diesen Kurs eingeschworen hatte. Nur noch in Preußen hatte die SPD eine Machtbasis, Interventionen der Politik Brünings hätten zur Folge gehabt, daß das Zentrum die Koalition im preußischen Landtag aufgegeben hätte.
Nachteil der Tolerierungspolitik: Die SPD verantwortete Brünings Politik mit, ohne nur den geringsten Einfluß nehmen zu können.

Brüning traf sich auch am 5. Oktober 1930 mit Hitler, um sich ggf. auch nach rechts abzusichern, allerdings merkte er schnell, daß man mit Hitler nicht verhandeln konnte. Hitler benutzte häufig das Wort vernichten für die KPD, die SPD, den Erbfeind Frankreich und die Sowjetunion als Hort des Bolschewismus.

Dies erste Treffen zeigt aber auch, daß Brüning durchaus Kenntnisse besaß über Hitlers Fanatismus, selbst in privaten 4-Augen-Gesprächen, die ja nicht dazu da sein konnten, Massen anzustacheln.

Am 13. Oktober fand dann die erste Sitzung des neuen Parlaments statt. Die NSDAP-Abgeordneten erschienen in braunen SA-Uniformen, in der Leipziger Straße wurden Schaufenster jüdischer Geschäfte eingeschlagen von Anhängern der NSDAP. Nach dem Wahlerfolg setzte die NSDAP 70.000 Versammlungen an, symbolische Haßfigur für das System war nun Brüning.

Am 18. Oktober brachten die antidemokratisch gesinnten Parteien insgesamt zwölf Mißtrauensanträge ein. Die SPD stimmte immer für Brüning, auch sie erkannte, daß er das kleinere Übel darstellte angesichts der Radikalität der NSDAP.

Die wirtschaftliche Lage verschlechterte sich schnell: Anstieg der Arbeitslosenzahl auf fünf Millionen Ende 1930, 1931 wurden die Beamtenbezüge dreimal um insgesamt 23% gekürzt, Steuern erhöht (Bier, Einkommen- oder Umsatzsteuer), auch neue eingeführt durch heute ziemlich merkwürdig anmutende Abgaben für Mineralwasser oder Warenhäuser.

Es liegt auf der Hand, daß die Regierung immer unbeliebter wurde. Brüning verfolgte dabei ein Ziel: Je unbeliebter die Regierung wurde, der Mißmut in der Öffentlichkeit gezeigt wurde, desto eher könnte er ausländischen Politikern klar machen, daß die Reparationsleistungen nicht gezahlt werden können.

Am 3. Juni 1931 wurde durch eine Notverordnung die Renten gekürzt, die Untersützungssätze für Arbeitslose bis zu 14%, Kürzungen staatlicher Löhne und Gehälter, eine Krisensteuer in einer Höhe zwischen 4% und 5% auf sämtliche Einkommen wurde eingeführt. Am Abend wurde eine Regierungserklärung publiziert, die erklärte, daß dies das letzte Opfer sein könne zur Erfüllung der Reparationsleistungen. Als Brüning nach Reparationsverhandlungen in Bremerhafen ankam, wurde er von einer wütenden Menge empfangen, die durchaus ihre Wirkung auf ausländische Journalisten hatten. Bezüglich der Außenpolitik hatte Brüning durchaus Erfolg, im Februar 1932 scheiterten die Verhandlungen in Genf nur deswegen, weil der französische Ministerpräsident bereits wußte, daß Brünings Tage gezählt waren.

Das Elend in Deutschland hatte von 1931 bis 1932 deutlich zugenommen, im Februar 1932 war der Höchststand von ca. 6 Millionen erreicht. Im Herbst 1932 lebten 36%, also 23, 3 Millionen Menschen, von öffentlichen Geldern. Deutschland hatte mit Anstand die höchste Selbstmordrate: 26o auf eine Million Einwohner, in GB waren es 85, in den USA 133, in Frankreich 155. Aus vielen Abschiedsbriefen geht hervor, daß die Gründe in der wirtschaftlichen Notlage zu suchen sind.

Brüning, ein Politiker vom alten Schlag, machte seine Absichten nicht öffentlich, was er auch kaum tun konnte, weil ja dann die Alliierten gesehen hätten, daß Brüning die wirtschaftliche Lage forciert hatte, um den Reparationsleistungen zu entgehen.
Politik fand überwiegend auf der Straße statt, es kam zu bürgerkriegsähnlichen Verhältnissen: Schon 1931 zählte man in Preußen 300 Todesopfer durch Straßenschlachten der SA, des kommunistischen Rotfrontkämpferbundes und der Polizei. Die meisten Opfer Kommunisten oder Nationalsozialisten.

Im Fühjahr 1932 mußte der Präsident neu gewählt werden, Brüning war trotz der Senilität Hindenburgs auf ihn regelrecht fixiert. Brüning wollte mit Hilfe der NSDAP (2/3-Mehrheit) die Verfassung dahingehend abändern, daß Hindenburg auf Lebenszeit vom Reichstag zum Präsidenten gewählt werden könnte. Die NSDAP ließ Brüning abblitzen und nutze es für Propagandazwecke aus: Die Partei, die später die Verfassung aushöhlen sollte, spielte sich als Hüter derselben auf und warf Brüning, allerdings zu recht, vor, gegen die Reichsverfassung zu intrigieren.

Die KPD nominierte Thälmann, die NSDAP Hitler, andere rechte Parteien wandten sich von Hindenburg ab und nominierten Theodor Duesterberg.

Der Präsident wurde vom Volk gewählt, es bedurfte eine absolute Mehrheit. Erst im zweiten Wahlgang erhielt Hindenburg 53%, Hitler kam auf 36, 8% (unterstützt von anderen Rechtsparteien), Thälmann schnitt mit 10,2% ab im April 1932.
Im Frühjahr 1932 wurde der Sturz Brünings vorbereitet.

Hindenburg distanzierte sich im Lauf der Zeit von Brüning, weil sein Kabinett noch zu wenig auf rechte politische Kräfte baute, außerdem sorgte Brüning mit seiner Politik für den Machterhalt der SPD in Preußen.

Hindenburg stand vor allem zunehmend unter Einfluß politisch rechter Kräfte, die Brüning selbst nicht beeinflussen konnte. Schleicher als Führer der Reichswehr wollte die SA in eine Miliz integrieren, somit war Schleicher auf Unterstützung auf Hitler angewiesen, um eine auf der Reichswehr basierendes Regime zu installieren. Die NSDAP sollte dann eine neue Regierung tolerieren, dafür würde man die Verbote aufheben und Neuwahlen herbeiführen.

Preußen hatte zuvor die bewaffneten Verbände der NSDAP verbieten lassen, weil sich ernste Hinweise auf einen Putsch ergeben hatten. Da Brüning die preußische Regierung weiterhin stützte, begann Schleicher, gegen ihn vorzugehen und seine Chance zu nutzen.
Brünings Position wurde weiterhin geschwächt durch die Krise des ostelbischen Großgrundbesitzes. Die ostelbischen Güter sollten entschuldet werden mit dem dem sg. Osthilfe-Programm. Aufgrund der wirtschaftlichen Lage sah sich Brüning nicht in der Lage, die alten Pläne aufrecht zu erhalten. Der ostpreußische Adel, viele alte bekannte Hindenburgs, trugen häufig ihr Anliegen bei Hindenburg persönlich vor, so daß in Hindenburg zunehmend die Erkenntnis wuchs, Brüning das Vertrauen zu entziehen.
Die Chance kam im April 1932. Bei den preußischen Landtagswahlen waren die Parteien der alten Koalition die großen Verlierer, Brüning konnte, weil Braun nur noch geschäftsführend amtierte, weil sich kein Nachfolger fand, nicht mehr argumentieren, auf die Tolerierungspolitik angewiesen zu sein.

Brüning wurde entlassen, zwei Tage später wurde von Papen Nachfolger. Ihn und die Minister schlug dabei kein anderer als Schleicher vor. Beide waren befreundet, auch von Papen forderte eine Diktatur auf nationaler Grundlage. Es regierte nun alter preußischer Adel, die eines gemeinsam hatten: Man wollte weg von demokratischen Prinzipien.
Den Absprachen entsprechend duldete die NSDAP die neue Regierung, den Absprachen entsprechend wurden aber auch die Verbote aufgehoben, der Reichstag aufgelöst und Neuwahlen herbeigeführt.

Im preußischen Landtag prügelten sich im Mai 1932 die Abgeordneten, es kam zu Schwerverletzten aus verschiedenen Parteien.

In Preußen kam es dann nach der Aufhebung der Verbote zu einem Bürgerkrieg. Von Mitte Juni 1932 bis zum 20. Juli 1932 forderte der Straßenterror 99 Tote und 1125 Verletzte.

In diese politische Situation wurde von Papen ein Gerücht zugetragen: Angeblich habe der preußische Innenminister ein Bündnis mit der KPD abgeschlossen gegen die Nationalsozialisten. Dies Gerücht genügte, um folgenschwer das Land Preußen zu zerschlagen. Noch am selben Tag wurde Hindenburg ein Text vorgelegt, daß nach Art. 48 von Papen ernannt wurde zum Reichskommissar für Preußen, die preußische Regierung wurde abgesetzt, das Land unterstand formal dem Reich.

Die SPD und die Gewerkschaften verzichteten auf einen Generalstreik, weil man realistisch erkannte, wenig ausrichten zu können angesichts der Tatsache, nicht noch weitere Arbeitsplätze gefährden zu können.

Am 31. Juli 1932 fanden dann die Reichstagswahlen statt. Stärkste Partei wurde die NSDAP mit 230 Abgeordneten im Reichstag vertreten.

Papen und Schleicher wollten nun die NSDAP an der Regierung beteiligen. Man bot ihnen unwichtige Ministerien an: Das Reichsernährungsministerium und das Auswärtige Amt, ohne den NSDAP-Mitgliedern größeren Einfluß einzuräumen.
Hitler wollte alles oder nichts: Als stärkste Partei beanspruchte er die Führung. Hindenburg ließ ihn abblitzen, er wurde zuvor von Schleicher und von Papen präpariert. 
Für Hitler blieb nur die Opposition. Die enttäuschten Parteianhänger machten ihren Unmut Luft durch Straßenterror.

1. August: wurde ein Attentat auf den Regierungspräsidenten in Königsberg verübt, zwei SPDler und KPDler ermordet, Brandbomben wurden auf Räume dreier Zeitungsredaktionen geworfen.
1. August: Bombenanschlag auf die Synagoge in Kiel 
9. August: Über 20 Attentate durch Bomben, Pistolen oder Handgranaten

Innerhalb von zwei Wochen starben ungefähr 50 Menschen durch politische Gewaltakte!

Durch eine Notverordnung wurden politische Morde mit der Todesstrafe bedroht, zwei Stunden nach Erlaß ermordeten zwei SA-Mitglieder einen kommunistischen Bergmann auf äußerst brutale Weise. Von einem Sondergericht zum Tode verurteilt, begnadigte von Papen die beiden am 25. August zu Zuchthausstrafen. Die mangelnde Courage von Papens bestärkte Hitler.

Von Papen war aber auf seinen Anti-Hitler-Kurs nun festgelegt, wenn er nicht von Hindenburg fallen gelassen werden wollte. Im Reichstag hatte von Papen keine Mehrheit. Einem drohendem Mißtrauensvotum kaum Hindenburg durch die Auflösung am 12. September 1932 bei seinem ersten Zusammentreffen zuvor.

Dies war ein klarer Verfassungsbruch. Begründet wurde die Auflösung mit "Weil die Gefahr besteht, daß der Reichstag die Aufhebung meiner Notverordnung vom 4. September d.j. verlangt." Aber exakt dies war das Recht des Reichstags!

Bei diesem Programm handelte es sich um ein weit gefasstes Wirtschaftsprogramm zur Sanierung des Haushaltes und zur Überwindung der Wirtschaftskrise. Der amerikanische Journalist Knickerbocker behauptete, daß es sich hierbei um einen genialen Plan handelte. Tatsächlich wäre er erfolgsversprechend gewesen, wenn die polit. Akteure hinter ihm gestanden hätten, zumal es im Oktober 1932 erste Zeichen einer Besserung der Wirtschaftslage gab.

Im Zuge des Wahlkampfs kam es seitens der Kommunisten und Nationalsozialisten zu einer bisher nicht dagewesenen Gewaltwelle. In Berlin streikten die Verkehrsbetriebe, SPDler und Gewerkschaftler wurden von SA und kommunistischen Rotfront zusammengeschlagen, Straßenbahnschienen wurden mit Zement zugegossen. In dieser Situation wurde eine neue Notverordnung formuliert, allerdings nicht zur Anwendung gebracht.

Die Wahlen brachten zwar wieder einen Wahlsieg der NSDAP, allerdings sank ihr Stimmenanteil von 37, 3 auf 33, 1%. Relative Gewinner waren KPD und auch DNVP und DVP, konservative Rechtsparteien, die aber den Regierungskurs zumindest ein wenig stützten.

Hindenburg wollte den Reichstag nicht erneut auflösen, es mußte zu einer Regierungsbildung kommen.

Papen ging klinken putzen bei den Parteien, er fand niemanden. Fast überall stieß er auf eine Verweigerungshaltung. Die SPD verfiel wieder in ihr altes Verhaltensmuster und ließ wissen, daß die noch nicht einmal mit Papen reden werde. Papen trat zurück in der Hoffnung, daß Hindenburg das Dilemma erkannte und ihn erneut zum Kanzler ernannte.

Hindenburg hatte inzwischen die Initiative an sich genommen und verhandelte selbst mit den Parteien. Hitler sah seine Chance und schickte Freunde, Bekannte Industrielle zu Hindenburg, um ein Gutes Wort für ihn einzulegen.

Kurz zuvor aber erhielt Hindenburg eine Bittschrift, unterschrieben von 339 Persönlichkeiten des Wirtschaftslebens, die für Papen als Kanzler eintraten. Hindenburg hielt am parlamentarischen Verfahren fest: Wer eine vom Parlament gedeckte Regierung präsentierte, wurde zum Kanzler ernannt, was auch für Hitler galt. Hitler forderte zwar von Hindenburg ein Präsidialkabinett, mußte sich aber einen Korb einhandeln.
Hindenburg sah keinen anderen Ausweg, als von Papen erneut zu fragen, ober sein eigener Nachfolger werden würde.

Da Papen nicht vom Reichstag gedeckt war, er nur von Hindenburg abhängig war, konnte eine nationalsozialistische Diktatur nur durch diktatorische Maßnahmen verhindert werden. Papen allerdings wollte ohnehin einen autoritären Staat und sämtliche oppositionellen Kräfte ausschalten.

Solche Pläne gingen von Schleicher zu weit. Er befürchtete einen Bürgerkrieg, in den die Reichswehr verwickelt werden würde, diese u. U. im eigenen Land eingesetzt werden müßte wie in den Anfangsjahren der Republik.

Am 1. Dezember 1932 erschien Schleicher bei Hindenburg und erklärte, daß ein militärischer Ausnahmezustand im ganzen Land drohe. Die Ordnungskräfte seien dabei nicht in der Lage, die Ordnung im Land aufrecht zu erhalten, der Ausnahmezustand müßte vermieden werden.

Ein solches Szenario war allerdings doch übertrieben, die Streikbereitschaft der Arbeiter war bereits nach dem Preußenschlag stark gesunken. Oberstleutnant Ott titulierte die preußische Polizei als nicht vertrauenswürdig, was nicht der Wahrheit entsprach.

Die Ausführungen hinterließen ihre Wirkung: Die Minister favorisierten Schleicher, von Papen wurde von Hindenburg fallen gelassen. Am 3. Dezember trat sein Kabinett zusammen.

Schleicher wußte, daß er mit Parteien nicht reden brauchte. Seine Bündnispartner suchte er quer durch das parteipolitische Spektrum mit Ausnahme der Kommunisten mit gewerkschaftlichen Kräften. Im preußischen Offizierskorps gab es eine Neigung zu alten Vorstellungen des "preußischen Sozialismus", das hieß ein Bündnis mit vaterlandstreuen Arbeitern.

Führende Gewerkschaftler sprachen mit Schleicher, Schleicher wollte auch die NSDAP spalten durch Annäherung an den linken Flügel der Arbeiterschaft.

Die SPD-Parteizentrale war angesichts der vielen Mißerfolge demoralisiert, psychologisch nachvollziehbar, politisch war Verweigerung die schlechteste Lösung. Hitler wurde von der SPD unterschätzt, in Augen vieler war der Unterschied Hitlers zu Schleicher nur ein kleiner.

Der preußische Ministerpräsident Otto Braun machte ein Angebot, daß das letzte sein sollte, um die Republik zu retten: Braun würde sich für ein Bündnis einsetzen, wenn Preußen wieder autonom handeln könnte. Außerdem verlangte er die Auflösung des Reichstags in der Hoffnung, daß durch lange nach hinten hinausgeschobene Neuwahlen erneut Wähler von der NSDAP abspringen, der wirtschaftliche Aufschwung ließ eine solche Vermutung durchaus zu.

Schleicher allerdings lehnte ab. Er wollte sich nicht den Zorn Hindenburgs mit einer weiteren Auflösung des Reichstags auf sich ziehen.

Das letzte Kapitel wurde eingeläutet, als Papen inzwischen mit den Nationalsozialisten paktierte, vom Machthunger getrieben. Durch Vermittlung durch den Bankier Kurt Freiherr von Schröder kam ein Treffen zwischen Hitler und Papen zu stande, ein Verhängnisvolles, da die Industrie dies als Zeichen wertete, daß Hitler regierungsfähig sei. Erst jetzt flossen größere Geldmengen von der Wirtschaft in die Kassen der NSDAP.
Hitler konnte Kanzler werden. Papen Vizekanzler, ebenso sollte die DNVP in der Regierung vertreten sein.

Was noch fehlte, war eine Unterschrift Hindenburgs. Jener akzeptierte Hitler nicht als Kanzler, sondern favorisierte Papen.

Die Industrie hatte keinen Zugang zu Hindenburg, eine andere Interessengruppe trat nun auf den Plan: Der Reichslandbund machte inzwischen gegen die Regierung Schleicher mobil. Er monierte die Verelendung der deutschen Landwirtschaft, die man in einem solchen Ausmaß noch nicht einmal unter einer marxistischen Regierung für möglich hielt.
Bedingt durch verschiedene skandalöse Enthüllungen bei der Verwendung der Osthilfe wuchs der Druck auf die Regierung Schleicher. Die DNVP kündigte am 21. Januar 1933 die offene Opposition an, am nächsten Tag kam es erneut zu einem Treffen Papen-Hitler. Schleicher sah nur einen Ausweg in den Staatsnotstand und einem Aufschub der Neuwahlen. Die SPD legte hiergegen schärfsten Protest ein. Schleicher sah keinen anderen Weg mehr als die Auflösung des Kabinetts. Hindenburg betraute nun wieder Papen mit der Regierungsbildung.

Papen favorisierte Hitler als Kanzler, sich selbst als Vizekanzler. Frick (NSDAP) bekam das Innenministerium, Göring bekam den Posten des stellvertretenden Reichskommissars für Preußen. Ansonsten band Papen Minister der alten Regierung ins Kabinett ein. Am Abend des 28. Januars konnte Papen Hindenburg berichten, daß konservative Politiker dem Kabinett sein Gepräge geben würde. Hindenburg wandte hiergegen nichts mehr ein, seine Vorbehalte, Hitler zum Kanzler zu ernennen, waren verschwunden.

Die Ernennung Hitlers zum Kanzler war dabei keineswegs unausweichlich.

Hindenburg hätte sich keineswegs von Schleicher trennen müssen, ebenso hatte Hitler keine Mehrheit im Parlament hinter sich.

Hindenburg änderte seine Meinung auf Drängen seiner engsten Berater, die in einem solchen Kabinett keine diktatorische Gefahr sahen. Dem Druck von außen war der 85jährige Hindenburg war er nicht mehr gewachsen, der bereits seinen nahenden Tod ahnte. Die Interessenverbände hatten sich inzwischen für ein Bündnis mit Hitler entschieden, dem konnte Hindenburg nichts mehr entgegensetzen.

Am 30. Januar 1933 wurde Hitler zum Reichskanzler ernannt. Die Ursachen hierfür sind zu finden in der politischen Kultur der Weimarer Republik als unmittelbar wirkende Kraft. Bedingt durch mangelndes Demokratieverständnis, Monarchismus, mangelndem Vermögen, die Weltwirtschaftskrise zu bewältigen wurde Hitler zur Macht verholfen.

Erst einmal an der Macht, konnte die NSDAP ihre Politik durchsetzen. Bis zur Ernennung Hitlers zum Reichskanzler haben wir es mit einer Machtübertragung zu tun, ab dem 30. Januar 1933 mit einer Machtergreifung. Hiervon soll nun kursorisch die Rede sein:

"Doch die Macht im Regierungsviertel gehörte dem Nationalsozialismus noch keineswegs." Im Kabinett gab es nur zwei Nationalsozialisten: Hitler (Kanzler) und Frick (Reichsinnenminister). Hinzu kommt noch Hermann Göring, Reichsminister ohne Geschäftsbereich, was zunächst harmlos aussah. Doch gerade Göring, der gleichzeitig geschäftsführender Innenminister in Preußen (dem größten Land) war, spielte im Zuge des Machtausbaus eine wesentliche Rolle. "Dem Nationalsozialisten Göring unterstand damit die größte und schlagkräftigste Polizeitruppe des Reiches." Dies wird an der Tatsache deutlich, daß es bis April 1933 in Preußen die meisten Verhaftungen bzw. genauer Schutzhafterlasse gegeben hat.

"Entscheidend für die Handhabung dieses Instrumentariums [d. h. Erlasse und Notverordnungen, der Verf.] und der anderen Verordnungen, die auf ähnlichem Wege folgen sollten, war die Verfügung über Polizei und Verwaltung. Nun zeigte sich, wie gefährlich der Preußen-Schlag Papens [...] war. Vor allem Göring, seit dem 30. Januar kommissarischer preußischer Innenminister, verstand es, mit Hilfe des Einsatzes aller Staatsorgane und der Möglichkeit der Notverordnungen den nationalsozialistischen Machtanspruch durchzusetzen und Preußen zum Hauptschauplatz der ersten Phase der Machtergreifung zu machen."

Die Nationalsozialisten bedienten sich also der Methoden, die bereits andere vor dem 30. 1. 1933 benutzt haben. "Daß Hitler bereits nach einem halben Jahr das Parteiensystem ausschalten und durch eine Einparteienherrschaft ersetzen konnte, wäre ohne die Auflösung des parlamentarischen Systems und die autoritäre Verformung der Verfassungsordnung seit 1929/30 nicht möglich gewesen. [...] Ganz deutlich wurde die politische Kontinuität im Einsatz der präsidialen Notverordnungsgewalt. Die Regierung Hitler knüpfte dort an, wo Papen und Schleicher aufgehört hatten. Sie dehnte die Macht der Exekutive durch die Mittel der Präsidialregierung aus, bis die Verfassungsordnung völlig zerstört war. Unterstützt und in ihrer ganzen Wirkungskraft erst ermöglicht wurde diese administrative Gleichschaltungspolitik von oben durch den terroristischen Druck der nationalsozialistischen Bewegung von unten."

Schon am 1. Februar 1933, erwirkte Hitler die Auflösung des Reichstags. Er regierte mit Notverordnungen, das Kabinett war ausgeschaltet. Ursächlich hierfür war das Verhalten der DNVP.

Das Zentrum war an der Regierung nicht beteiligt, eine Tolerierung oder gar ein Ermächtigungsgesetz sollte von schriftlichen Garantien Hitlers für die Verfassung abhängig gemacht werden. Hitler war ohnehin an kein Bündnis interessiert, schraubte die Bedingungen so hoch, daß er die Gespräche für gescheitert erklärte im Einvernahmen mit Hugenberg von der DNVP. Hitler erklärte, daß man sich die parlamentarische Unterstützung dann durch die Wahlurne suchen müßte. Schon am 2. Ferbruar urteilte Hugenberg über sich selbst, einen großen Fehler begangen zu haben.

Papen erteilte unbedacht Schützenhilfe für Hitler. Er argumentierte Hindenburg gegenüber, daß dies die letzten Wahlen sein müßten und eine Rückkehr zum parlamentarischen System ausgeschlossen sei.

Der Zufall spielte bei der Machtübernahme eine nicht unwesentliche Rolle. Am 31. Januar 1933 forderte die KPD die Bevölkerung zum Generalstreik auf. Dies blieb allerdings völlig wirkungslos. Dennoch war dies ein willkommener Anlaß zur ersten Notverordnung unter dem Kabinett Hitler. Diese Verordnung war kein originärer Entwurf der Nationalsozialisten, sondern war vorbereitet vom Kabinett Schleicher. Die "Verordnung zum Schutze des deutschen Volkes" wurde am 4. Februar 1933 vom Reichspräsidenten Hindenburg unterschrieben. Dabei handelte es sich um jene Verordnung, die während des Streiks der Verkehrsbetriebe ausgearbeitet wurde.

Aus der Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze des deutschen Volkes vom 4. Februar 1933

Auf Grund des Artikels 48 Abs. 2 der Reichsverfassung wird folgendes verordnet:
Abschnitt I

Versammlungen und Aufzüge
§1
(1) Öffentliche politische Versammlungen sowie alle Versammlungen und Aufzüge unter freiem Himmel sind spätestens achtundvierzig Stunden vorher unter Angabe des Ortes, der Zeit und des Verhandlungsgegenstandes der Ortspolizei anzumelden.
(2) Sie können im Einzelfall verboten werden, wenn nach den Umständen eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu besorgen ist. Statt des Verbots kann eine Genehmigung unter Auflagen ausgesprochen werden. [...]
§2
Öffentliche politische Versammlungen sowie Versammlungen und Aufzüge unter freiem Himmel können aufgelöst werden,
wenn in ihnen zum Ungehorsam gegen Gesetze oder rechtsgültige Verordnungen oder die innerhalb ihrer Zuständigkeit getroffenen Anordnungen der verfassungsmäßigen Regierung oder der Behörden aufgefordert oder angereizt wird, oder 
wenn in ihnen Organe, Einrichtungen, Behörden oder leitende Beamte des Staates beschimpft oder böswillig verächtlich gemacht werden, oder 
wenn in ihnen eine Religionsgesellschaft des öffentlichen Rechts, ihre Einrichtungen, Gebräuche oder Gegenstände ihrer religiösen Verehrung beschimpft oder böswillig verächtlich gemacht werden, oder 
wenn in ihnen zu einer Gewalttat gegen eine bestimmte Person oder allgemein zu Gewalttätigkeiten gegen Personen oder Sachen, aufgefordert oder angereizt wird, 
wenn sie nicht angemeldet oder wenn sie verboten sind oder wenn von den Angaben zur Anmeldung absichtlich abgewichen oder wenn einer Auflage zuwidergehandelt wird [...] 
Abschnitt II
Druckschriften
§7
(1) Druckschriften, deren Inhalt geeignet ist, die öffentliche Sicherheit oder Ordnung zu gefährden, können polizeilich beschlagnahmt und eingezogen werden.
[...]
§9
(1) Periodische Druckschriften können verboten werden,
[...]
wenn in ihnen zum Ungehorsam gegen Gesetze oder rechtsgültige Verordnungen oder die innerhalb ihrer Zuständigkeit getroffenen Anordnungen der verfassungsmäßigen Regierung oder der Behörden aufgefordert oder angereizt wird; 
wenn in ihnen zu Gewalttätigkeiten aufgefordert oder angereizt wird oder wenn in ihnen Gewalttätigkeiten, nachdem sie begangen worden sind, verherrlicht werden; 
wenn in ihnen zu einem Generalstreik oder zu einem Streik in einem lebenswichtigen Betriebe aufgefordert oder angereizt wird; 
wenn in ihnen Organe, Einrichtungen, Behörden oder leitende Beamte des Staates beschimpft oder böswillig verächtlich gemacht werden, oder 
wenn in ihnen eine Religionsgesellschaft des öffentlichen Rechts, ihre Einrichtungen, Gebräuche oder Gegenstände ihrer religiösen Verehrung beschimpft oder böswillig verächtlich gemacht werden; 
[...]
Quelle: RGBl. I/1933, S. 35ff, abgedruckt in: Dokumente, Bd 1., S. 22-28

Die Zielrichtung dieser Anordnung ist im historischen Kontext eindeutig, es ging zunächst um die Behinderung der Aktivitäten der politische Opposition, die in diesem konkreten Fall sehr weitläufig ist. Insofern ist es nicht verwunderlich, daß die Nationalsozialisten diese Anordnung ohne Änderungen übernahmen, ist sie doch sehr allgemein formuliert. "Das war so dehnbar formuliert, daß man damit gegnerische Parteien nach Belieben mundtot machen konnte. Bis der immerhin noch vorgesehene Beschwerdeweg beim Reichsgericht ausgeschöpft war, hatte die Verordnung ihren politischen Zweck schon längst erfüllt. Eine Minderheitsregierung hatte sich die Möglichkeit geschaffen, willkürlich politische Konkurrenten auszuschalten und öffentliche Meinungsbildung bereits wesentlich einzuschränken. Das alles geschah unter dem Mantel scheinbarer Legalität." Eingeschränkt wurde das Demonstrationsrecht und vor allem die Verbreitung von Druckschriften.

Gleichzeitig aber verbietet sie das Verächtlichmachen von Religionsgesellschaften, was die Agitation gegen Juden zwar einschränkte, aber die politischen Gegner waren eben zunächst die politische Linke, entsprechend des Aufrufs der Reichsregierung an das deutsche Volk. Dort heißt es unter anderem: "Soll aber Deutschland diesen politischen und wirtschaftlichen Wiederaufstieg erleben, [...] dann setzt das eine entscheidende Tat voraus: die Überwindung der kommunistischen Zersetzung Deutschlands."
Die "Braunhemden" konnten schon bald aktiv werden, zumindest in Preußen, nach dem die Regierung Braun am 6. Februar 1933 aufgelöst wurde. Auch hier half eine präsidiale Notverordnung, "die kurzerhand alle der Regierung Braun noch verbliebenen Befugnisse auf den Reichskommissar [Göring, der Verf.] übertrug."

Am 17. Februar 1933 erließ Göring den sg. "Schießerlaß".

Aus dem Runderlaß des Reichskommissars für das preußische Ministerium des Innern Hermann Göring an alle Polizeibehörden über die "Förderung der nationalen Bewegung" vom 17. 2. 1933


Ich glaube, mir einen besonderen Hinweis darauf ersparen zu können, daß die Polizei auch nur den Anschein einer feindseligen Haltung oder gar den Eindruck einer Verfolgung gegenüber den nationalen Verbänden (SA, SS, Stahlhelm) und nationalen Parteien unter allen Umständen zu vermeiden hat. Ich erwarte vielmehr von sämtlichen Polizeibehörden, daß sie zu den genannten Organisationen [...] das beste Einvernehmen herstellen und unterhalten. [...]
Dafür ist dem Treiben staatsfeindlicher Organisationen mit den schärfsten Mitteln entgegenzutreten. Gegen kommunistische Terrorakte und Überfälle ist mit aller Strenge vorzugehen und, wenn nötig, von der Waffe Gebrauch zu machen. Polizeibeamte, die in Ausübung dieser Pflichten von der Schußwaffe Gebrauch machen, werden ohne Rücksicht auf die Folgen des Schußwaffengebrauchs von mir gedeckt; wer hingegen in falscher Rücksichtnahme versagt, hat dienststrafrechtliche Folgen zu gewärtigen. [...]
Jeder Beamte hat sich stets vor Augen zu halten, daß die Unterlassung einer Maßnahme schwerer wiegt als begangene Fehler in der Ausübung. [...]
Quelle: Ministerialblatt für die preußische innere Verwaltung 1933/I, S. 169, abgedruckt in: Geschichte, S. 18f.

Wie aus dem Erlaß unschwer zu erkennen ist, kommt er einen Freibrief für hemmungslosen Schußwaffengebrauch gleich. Darüber hinaus wurde mit diesem Erlaß ein Druck auf die Polizeibeamten erzeugt, weil Unterlassung schwerer wiegt als Fehler in der Ausübung.

Diese Maßnahme wurde noch forciert durch Görings Erlaß vom 22. Februar 1933, die es erlaubte, daß Mitglieder der SA, SS und Stahlhelm zu "Hilfspolizisten" ernannt wurden. "Ein Verteilungsschlüssel sorgte dafür, daß von den rund 50 000 Hilfspolizisten gut die Hälfte von der SA, ein Drittel von der SS und ein Fünftel vom Stahlhelm gestellt wurde." Die Polizeibeamten mußten nun verstärkt "dienststrafrechtliche Folgen" befürchten, wenn sie nicht im Sinne des "Schießerlasses" handelten, da ihre Unterlassungen von Mitgliedern "nationalen Verbände" den Vorgesetzten gemeldet werden konnten. Schleunes Einschätzung, daß die Polizei nicht unter nationalsozialistischer Kontrolle sei, bedarf also einer Korrektur. Er hat insofern recht, als die Polizei noch nicht reichsweit den Nationalsozialisten untersteht und noch Handlungsspielräume bestanden.

Albert Grzesinski (ehemaliger preußischer Innenminister und Sozialdemokrat) zog die Konsequenz aus dem SA-Terror, in dem er nicht mehr als Redner in einer Wahlkampfveranstaltung auftrat: "Mir sind mehrere Versammlungen gesprengt worden und ein erheblicher Teil der Versammlungsbesucher mußte schwer verletzt weggeschafft werden. Nach Lage der Dinge gibt es auch offenbar keinen polizeilichen Schutz mehr, der ausreichen würde, dem aggressiven Vorgehen der SA und SS in meinen Versammlungen zu begegnen." Dieser Straßenterror wurde unterstützt durch Görings Säuberungsaktionen in der Verwaltung, der Verfolgung der Kommunisten und des Verbots ihrer Zeitschriften und die der Sozialdemokratie. Von einem freien Wahlkampf konnte keine Rede sein.
Der Zufall kam den Nationalsozialisten ein zweites Mal zu Hilfe: Am 27. Februar 1933 brannte der Reichstag. Dieses war der Auslöser einer neuen Welle der Gewalt und Verfolgung der (linken) Opposition. "Schon in der Nacht vom 27. zum 28. Februar befahl Göring die Verhaftung der Abgeordneten und führenden Funktionäre der KPD, die Schließung aller kommunistischen Parteibüros und ein unbefristetes Verbot der gesamten kommunistischen Presse wie auch ein zweiwöchiges Verbot sozialdemokratischer Blätter." Gerade das Verbot sozialdemokratischer Zeitschriften war völlig ungerechtfertigt.

"Hitler, Göring und Goebbels scheinen ernsthaft an einen unmittelbar bevorstehenden kommunistischen Aufstandsversuch geglaubt zu haben. Allein das Ausmaß des Brandes legte es nahe, daß dahinter eine organisierte politische Aktion stand. [...] Aber bereits in den ersten Meldungen und Verlautbarungen zeigte sich der Wille, das Ereignis augenblicklich zum Vorwand einer gewaltigen Propaganda- und Verfolgungsaktion zu machen, noch bevor eine Untersuchung begonnen hatte und ohne daß man auch nur irgendeinen Beweis für die Mittäter- oder Komplicenschaft der Sozialdemokratie besaß."
Doch der entscheidende Schlag war dabei die Negierung wesentlicher Grundrechte der Weimarer Verfassung im Zuge einer weiteren präsidialen Notverordnung.

Zwei Aspekte sind unmittelbar auffallend: Erstens hält sich die Aufzählung der außer Kraft gesetzten Grundrechte peinlich genau an die Vorgaben des Art. 48 (2) der Reichsverfassung und zweitens werden die Länder gezwungen, den Anordnungen der Reichsregierung Folge zu leisten, eine Vorstufe zur Gleichschaltung der Länder. Eine besondere Brisanz erhielt diese Verordnung mit dem Gesetz über die Verhängung und Vollzug der Todesstrafe vom 29. März 1933. Dieses Gesetz hatte zur Folge, daß die in dieser Verordnung genannten Straftaten (§5) Gültigkeit erhielten für Taten zwischen dem 31. 1. 1933 und 28. 2. 1933. Das rechtstaatliche Rückwirkungsverbot ("Nullem crimen sine lege, nulla poena sine lege") wurde öffentlich aufgehoben.

Der Terror indes erreichte einen neuen Höhepunkt. "Bis Mitte März 1933 waren in Preußen etwa 10 000 politische Gegner verhaftet, der Anteil der Kommunisten unter ihnen war überwältigend groß." Die Nationalsozialisten konnten hier wichtige Erfahrungen über das Verhalten derjenigen sammeln, die nicht verfolgt wurden. Die Verfolgung der politischen Linken stieß in der Bevölkerung auf Zustimmung. Wenn es ideologische Gründe für Hitlers Aufstieg gegeben hat, dann war es wohl sein Antimarxismus. "Aus Bayerisch-Schwaben wurde berichtet, die Bevölkerung verlange, 'daß gegen Kommunisten mit aller Schärfe vorgegangen werden müsse'. Selbst in Blättern, die eigentlich politischen Parteien nahestanden, die im Wahlkampf gegen die NSDAP zu Felde zogen, fand die Kommunistenverfolgung Beifall."

Mit der Wahl vom 5. März 1933 konnte die NSDAP trotz ihres propagandistischen Aufgebots und der Verfolgung der Opposition nicht die absolute Mehrheit im Reichstag erhalten, doch konnte sie ihr Wahlergebnis auf 43, 9% der abgegebenen Stimmen steigern. Dennoch konnte sie auf einen Koalitionspartner verzichten. "Nachdem die kommunistischen Abgeordneten längst verhaftet waren und ihr Mandat im Reichstag nicht mehr ausüben konnten, brauchte man nämlich die DNVP nicht mehr. Von jetzt an besaßen die Nazis auch ohne den deutschnationalen Koalitionspartner faktisch die absolute Mehrheit." Der Terror wurde erneut gesteigert, die erste Stufe der Gleichschaltung eingeleitet, in dem - ähnlich wie in Preußen - Polizeikommissare eingesetzt wurden, um die von SA und SS ausgelösten Unruhen einzudämmen, quasi eine Gleichschaltung "von unten". Grundlage für das Einsetzen der Kommissare war die Reichstagsbrandverordnung.

Die Machtübernahme wurde schließlich durch das sg. "Ermächtigungsgesetz" vom 24. März 1933 formal abgeschlossen. Durch eine Manipulierung der Geschäftsordnung des Reichstages sicherten sich die Nationalsozialisten die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit im Reichstag, um ihr Gesetz durchzusetzen. Zusätzlich drohten sie mit Gewalt, falls das Gesetz an dieser Hürde scheitern sollte. Dies aber war unnötig, denn außer der SPD stimmten alle der noch vertretenen Parteien dem Gesetz zu.

Aus dem Gesetz geht hervor, daß Gesetze von der Reichsregierung ohne Mitwirkung des Parlaments erlassen werden und daß diese von der Verfassung abweichen können. Es hatte eine Gültigkeit von vier Jahre und war an die gegenwärtige Regierung gebunden. "Der Reichstag hatte die Diktatur legalisiert und wurde auf unbestimmte Zeit nach Hause geschickt." Denn es gab bald niemanden mehr, der diese vier Jahre in Frage stellen konnte bzw. sich darauf berufen konnte. "Die Geltungsdauer wurde 1937 und 1939 vom nationalsozialistischen Reichstag, 1943 von Hitler selbst pro forma verlängert." Die Länderparlamente wurden durch das "Vorläufige Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich" am 31. 3. 33 durch Regierungsbeschluß umgebildet, in dem das Wahlergebnis der Reichstagswahl vom 5. 3. 33 auf alle Länderparlamente übertragen wurde.

Durch die Zerschlagung der KPD schon am 27. 2. 1933 und der Verbot der SPD am 22. 6. 1933 und die Selbstauflösung aller anderen Parteien zwischen den 27. 6. und 5. 7. 1933 konnte Hitler schon am 6. 7. 1933 den Abschluß der "nationalsozialistischen Revolution" verkünden: "Die politischen Parteien sind jetzt endgültig beseitigt. [...] Wir müssen jetzt die letzten Reste der Demokratie beseitigen, insbesondere auch die Methoden der Abstimmung und der Mehrheitsbeschlüsse, wie sie heute noch vielfach bei den Kommunen, in wirtschaftlichen Organisationen und Arbeitsausschüssen vorkommen und die Verantwortung der Einzelpersönlichkeiten überall zur Geltung bringen."

Zusammen mit dem Gesetz gegen die Neubildung von Parteien vom 14. 7. 1933, das einem Parteienverbot gleichkam, war der Weg in die Diktatur im wesentlichen abgeschlossen, denn jetzt konnte die Regierung frei entscheiden. Die Aufhebung wesentlicher Grundrechte erfolgte bereits mit der sg. Reichstagsbrandverordnung, die erst zum "Grundgesetz des Dritten Reiches" mit dem sg. "Ermächtigungsgesetz" werden konnte.

Was noch folgte, war die nächste Stufe der Gleichschaltung der Länder durch das Einsetzen von Reichsstatthaltern, die Gleichschaltung der Gewerkschaften und die Konsolidierung der Macht gegenüber innerer Konkurrenz (insbesondere gegen die SA). Der Föderalismus wurde dann endgültig am 30. 1. 1934, also ein Jahr nach der Machtübernahme, abgeschafft. Dies geschah durch das "Gesetz über den Neuaufbau des Reiches". Das bedeutete die Auflösung der Volksvertretungen (Art. 1), Übernahme der Länderkompetenzen auf das Reich (Art. 2 (1)), die Landesregierungen unterstanden fortan der Reichsregierung (Art. 2 (2)) und die bereits eingesetzten Reichsstatthalter dem Reichsinnenminister (Art. 3). Außerdem konnte die Reichsregierung neues Verfassungsrecht setzen (Art. 4).

Einem besonderen Stellenwert kommt aber noch dem Tod Hindenburgs zu: Durch seinen Tod am 2. August 1934 konnte per Gesetzeskraft (die sich verfassungsändernd auswirkt) das Reichskanzleramt und das Reichspräsidentenamt miteinander vereinigt werden. Das bedeutete, daß Hitler nun Oberbefehlshaber der Reichswehr war und daß präsidiale Notverordnungen nun von Hitler selbst stammen konnten. Der sg. "Führererlaß" wurde eingeführt.

Das Reichsoberhauptgesetz aber war mehr nur als eine formelle Verschmelzung der beiden Ämter, es bedeutete auch die Institutionalisierung des totalitären Anspruchs.